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Weiterdenken by Svenja Hofert Podcast
Nur kein Neid
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Nur kein Neid

Nr. 87 Warum Hochbegabung uns allen nutzen könnte
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“Neid ist ein Gefühl, das auftritt, wenn jemand Angst hat, in der Ressourcenverteilung zurückzufallen.” Frauke Niehues

Neid entsteht diesem Zitat folgend, wenn wir merken: Da können wir nicht mithalten.

Also erobern wir andere Ressourcen, etwa die Ressource Macht. Man könnte es positiv auch so sagen: Wir machen uns unsere Stärken bewusst. Und dieser Blick gefällt mir wesentlich besser. Wer sich auf Stärken besinnt, sollte allerdings immer auch wissen, was er oder sie weniger gut kann.

Ich empfehle gern die erwachsene Schwester des Neids: Die Bewunderung. Mit Bewunderung kann ich auf das schauen, was jemand anderes leistet oder kann.

Wenn Entscheidungen von Dummen vorangetrieben werden

Warum erscheint mir das Thema so relevant? Entscheidungen werden oft nicht durch Kluge geprägt, sondern von Dummen vorangetrieben. Dabei sehe ich nicht den durchschnittlichen IQ als Problem, sondern die Einstellung, sich selbst zum Maßstab der Dinge zu machen.

Ihr kennt ihn sicher alle: Den Dunning-Kruger-Effekt, auch Schmidt- und Schmidtchecn-Phänomen (Links im Kasten). Dieses ist verbreitet: In meiner Praxis habe ich beispielsweise mit meinen Klienten die Erfahrung gemacht, dass es meist nicht klug ist, Mensa-Mitgliedschaft in den Lebenslauf zu schreiben. Ich habe auch immer wieder im Coaching erlebt, dass intelligente Menschen an ihrer Führungskraft gescheitert sind. Diese wollte oder konnte die Fähigkeiten nicht erkennen.

Offenbar wirkt ein hoher IQ wie ein Bedrohungssignal. Es ensteht - jene von Frauke erwähnte Verteilungsangst.

Nicht nur in den Personalabteilungen, auch bei Führungskräften sind solche IQ-Stereotype leider sehr verbreitet. Die Forscherin Elsbeth Stern von der ETH Zürich versucht dagegen anzuarbeiten - aber auch Medien hören nicht gern, dass IQ relevant ist (mehr in den Shownotes).

Dabei ist Thema Hoch- und Höchstbegabung aktueller denn je:

  • Wir können tragfähige Lösungen nicht mehr allein finden. Die besten müssen daran arbeiten. Die besten sind aber oft nicht die, die am lautesten “ich” schreien.

  • Die Rede von der psychologischen Diversitität hat einen Haken: Wer sich nicht selbst durchschaut, wird weder das eigene Können noch das der Anderen zur Blüte bringen. Es braucht in mancher Beziehung nehr psychologische Homogenität.

  • Gleichmacherei führt in eine Abwärtsspirale. Menschen müssen a.) in ihren spezifischen Talenten gefördert werden. Und b.) in einer Persönlichkeitsbildung, denn nur diese macht innerlich. Nur “gebildet” werde ich Unterschiede zulassen, ja begrüßen. Wer sich im großen Maßstab an den Schwachen orientiert, verliert die Starken.

Dazu vielleicht als kurze Wiederholung einer Skizze aus meiner Kolumne “Die 5 Gesetze menschlicher Dummheit” vom 10.1.2022:

Die Psychotherapeutin Frauke Niehues hat einen weiteren Satz gesagt, der in mir nachklingt:

“Kennst du einen, kennst du einen.” Frauke Niehues

Wer einen IQ jenseits der 130 (Hochbegabung) oder jenseits der 145 hat (Höchstbegabung) hat, bringt nicht notwendig bestimmte Eigenschaften oder Kompetenzen mit. Nicht alle haben Schwierigkeiten in der Schule und nicht jeder wird ein “Nerd”. Die Interessen sind so vielfältig wie die Menschen. Nur eines ist wahrscheinlicher ausgeprägt: Das Gerechtigkeitsempfinden. Und das dürfte Konsequenzen für die Branchen- und Berufswahl haben, vielleicht mehr als der IQ selbst.

Es ist außerdem wahrscheinlicher, dass diese Menschen eine hohe Offenheit für neue Erfahrungen in den Big Five haben. Das ist der einzige der fünf Werte, der mit Offenheit für neue Erfahrungen korreliert, wie auch aktuelle Metaanalysen zeigen (schau in den Weiterlesen-Kasten).

In der Praxis mache ich oft die Erfahrung, dass das Thema “IQ” in seiner Bedeutung geleugnet wird. Argumente lauten gern und oft, dass emotionale Intelligenz ja wichtiger sei oder dass es verschiedene Intelligenzen gäbe. Außerdem begegnet mit immer wieder das “Elon-Mask”-Bashing-Argument (Musk soll über 155 haben). Sein erratisches Twitterverhalten wird für “typischen” IQ-Wahnsinn gehalten. Doch all das sind Scheinargumente, die sich aus Stereotypen ableiten.

Metanalysen zeigen etwa, dass der IQ mit emotionaler Intelligenz zusammenhängt. Es können unterschiedlichste Persönlichkeitseigenschaften dazu kommen. Der Macchiavelli ist weder angelegt noch ausgeschlossen…

Generell gilt: Kluge Hirne filtern besser.

Der IQ misst eine allgemeine Intelligenz - den g-Faktor, auch Generalfaktor der Intelligenz. Es ist also keine spezielle Fähigkeit, die dadurch begründet wird. Der IQ wirkt auf vieles.

Angenommen ihr hättet die Wahl, von einem Politiker mit 117 oder mit 135 regiert zu werden - wäre euch das wichtig? Ich sage offen, mir ja. Der Umkehrschluss, dass jeder mit 135 besser ist, stimmt jedoch nicht.

Das Problem ist, dass intelligente Menschen wenig Motivation erhalten, in die Politik zu gehen. Ihre Neugier wird dort nicht befreidigt. Dazu empfehle ich in den Shownotes den aktuellen Podcast des Ökonomen Daniel Stelter, in dem er mit Thomas Sattelberger über Wirtschaft und Politik spricht. Ich finde, dieses Gespräch zeigt die ganze Dramatik.

Aber auch die Chancen: Wir müssen Grenzen auflösen, Systeme durchlässiger machen, Entscheidungssysteme bauen, die Egointeressen von vorneherein ausschalten.

Jetzt aber: Mit Frauke Niehues habe ich ein ganz und gar unpolitisches Gespräch geführt. Nehmt euch etwas Zeit für 70 Minuten. Ich hoffe, es regt zum Nach- und Weiterdenken an.

Auf ihrer Seite zum Thema (Shownotes) findet ihr viele Anlaufstellen und tolles Material.

eure Svenja Hofert

PS: Tut mir einen Gefallen: Nutzt keine Internettests, um euch oder eure Kinder selbst zu diagnostizieren. Auf der Seite von Mensa e.V. findet ihr einen 20-Minuten-Vortest. Danach wisst ihr, ob es sich lohnen kann, sich für den großen Test anzumelden.

Weiter informieren (Shownotes):

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Impulse für Menschen, die vorangehen wollen. In Weiterdenken Interviews spreche ich mit Veränderungsxexperten aus Wissenschaft und Praxis. In Weiterdenken Solo gebe ich Impulse zur Psychologie der Veränderung.
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