No. 73 Mehrdimensionalem Denken und Lebensphasen
Liebe Weiterdenkende,
alles ist so verwickelt, viele reden, schreiben und denken aneinander vorbei.
Obwohl ich das weiß, bin ich doch noch hin und wieder erstaunt, welche Perspektiven Leser auf meine Texte haben können. Auf mein Interview in Der WELT etwa, das diese Woche erschienen ist. Ich sage da, verkürzt, dass ich es legitim finde, Branchen und Unternehmen zu verlassen, die sich im Niedergang befinden. Dass es gesünder für die Psyche sei, eine Wachstumsdynamik zu erleben.
Jemand schrieb mir, ich würde zum Egoismus aufrufen. Für mich war es ein Aufruf, sich nicht ausliefern zu lassen und Stärken fruchtbar zu machen. Das hilft am Ende allen. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Wenn um ihn nur Krise ist, dann schlägt das aufs Gemüt; Stärken verblühen. Gesunde, fruchtbare Integration - unmöglich. Im Leserbrief schwang persönliche Betroffenheit mit, die Angst, dass sich niemand mehr finden könnte, der ihn, den Leser, im Alter pflegen würde.
Wieviele Dimensionen erkennen wir in einem Text?
Vielleicht kennst du das auch: Du schreibst oder sagst etwas und das, was die Leute darin finden, hat gar nichts mit dem zu tun, was du dir dabei dachtest. Welche Dimension legt ein virtuelles Gegenüber an, wenn er oder sie auf ein Thema einsteigt? Es sind viele denkbar: Marketing, eigene Erfahrung mit dem Thema, persönliche Betroffenheit, Verteidigung, Zustimmung, der Algorhitmus, Automatismus... Letzteres, Automatismus beobachte ich besonders dann, wenn statushohen Personen zustimmen. Der Automatismus wird vom Algorhitmus moderiert.
Immer sind wir dabei reduktionistisch unterwegs, wir denken also diese unsere “Einstiegs”-Dimension sei im gleichen Universum wie die das anderen, auf deren Thema wir einsteigen. So fliegen die Gedanken aneinander vorbei, oft auch ohne Verbindungsabsicht. Es geht vielmehr um Schlagabtausch.
Die Kybernetikerin Gitta Peyn, mit der ich kürzlich im Podcast über Werte gesprochen habe, hat mir am diesen Freitag eine weitere Dimension des Denkens mit auf den Weg gegeben - die Formwelt Komplexitätsstufen. Das ist ein interessanter Ansatz um auf die Behandlung von Fragestellungen zu blicken, auf Entscheidungen und Situationen.
Es gibt 5 Komplexitätsstufen, die aufeinander aufbauen, von niedrig bis hoch differenziert, von ein- zu mehrdimensional.
Mir kam sofort in den Sinn: Das ermöglicht die Reflexion von State, also Zustandserfahrung. Diese muss man aus meiner psychologisch-pädagogisch geprägten Perspektive abgrenzen von Stage (Stufen) und Trait (Eigenschaften). Für Gitta sind es Kompetenzen, also Fähigkeiten. Die kursiven Punkte sind von mir hinzugefügt.
Stufen sind ergiebig, weil sie unserem Denken neue Dimensionen hinzufügen. In der Vertiefung dieses Newsletters werde ich auf eine Art von Stufen schauen: Lebensphasen. Ich merke, dass das gerade ein aktuelles Thema ist und der Blickwinkel helfen kann. Beispielsweise höre ich in Supervisionen und Fallbesprechungen öfter von Mehrgenerationenteams, die von Führungskräften geleitet werden, die den unterschiedlichen Bedürfnissen keinen Raum geben können, weil sie sie nicht sehen.
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