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Wo ist die Zukunft?

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Wo ist die Zukunft?

Nr. 39 Futures Literacy, das Energie-Trilemma und Determinismus

Svenja Hofert
Feb 12
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Nr. 39 Futures Literacy, das Energie-Trilemma und Determinismus

Die Zukunft liegt in unseren Händen. Sie entsteht durch das, was wir sehen und erleben. Durch anregende, aufregende, verstörende und inspirierende Erlebnisse. Wir haben eine große Aufgabe in diesem Anthropozän: Von Weltenzerstörern zu Weltenrettern zu werden.

Vor einem Jahr besuchte ich das Ellinikon Experience Center in Athen. Auf dem renaturierten Flughafengelände soll die erste smart and sustainable City entstehen, eine vernetzte, nachhaltige Stadt also. Es ist Europas größtes Stadterneuerungsprojekt. In einer interaktiven Ausstellung kann man sich schon jetzt ein Bild davon machen.

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Athen ist der perfekte Ort für die Zukunft

Nicht weit von der Akropolis, dort wo die attische Demokratie ihren Anfang nahm.

Und doch: Es waren technologiegeprägte Bilder. Darüber sollten wir nicht vergessen, was vielleicht alles entscheidet:

  • Wie werden wir diese oder eine andere Zukunft schaffen?

  • Wenn nicht alle den Planeten überhaupt retten wollen?

  • Wenn nicht alle gleiche Vorstellungen haben?

Wenn, wie wir jetzt in der Flüchtlingskrise sehen, Freizügigkeit an Grenzen kommt. Die Zukunft entsteht auch dort, wo gesellschaftlich abgehangene Menschen Bilder sehen, die mit ihnen selbst nichts mehr zu tun haben.

Die Zukunft entsteht jenseits der Laptopklasse. In lehrerarmen Schulen. Und in zähen Debatten, die Vergangenheit als Zukunft zementieren. Kurzum: Sie entsteht überall da, wo entweder keiner an sie denkt oder keiner sie haben will.

Es geht um mehr als Technologie und Vernetzung

So blieb bei aller Bewunderung für die modernen Griechen ein klein bisschen Enttäuschung. Wo bleibt der Sirtaki? Gehört Tanzen nicht vielleicht mehr zur Zukunft als ein per Knopfdruck bedienbarer Kühlschrank, der anzeigt, was eingekauft werden muss? Weil Tanzen ja befreit und verbindet.

Um ein Visual für diesen Beitrag zu finden habe ich diverse Bilddatenbanken durchforstet. Es sollte nicht “platt” sein und immer dieselbe Zukunft zeigen, eben genau diese smart Cities. Nun habe ich dieses Kind mit der Weltkugel gefunden. Jedenfalls hat das Bild eine Botschaft.

Auf den meisten Zukunftsbildern sind Roboter. Wenn Menschen dabei sind projizieren die Fotografen Männer mit Smartphone in Anzügen über smart Cities. Sie schweben darüber, als hätten sie alles entworfen. Sind das Zukunftsarchitekten wie wir sie sehen, sehen sollten?

Das Energy Trilemma

Das ist der Nachteil von Nachfrage und Angebot. Ein Dilemma für Fotografen. Was wollen sie: Besonders kreative Bilder lassen sich nicht gut taggen, die meisten erwarten Wiedererkennbarkeit und Vertrautheit. Unkreativ zu sein ist offenbar auch ökonomische Notwendigkeit.

Unternehmen stehen derweil vorm Energy Trilemma aus Energieversorgungssicherheit, sozialer Gerechtigkeit und Umweltverträglichkeit. Das hatte das World Oeconomic Forum als erstes so benannt. Nun hat sich BP-Chef Gerhard Looney das Thema gegriffen. Er startete einen Podcast - eine ziemlich gute Marketingidee wie ich finde. (Link im Kasten).

Bilder, die stereotypische Vorstellungen reproduzieren

In meinem Kurs “Psychologie der Veränderung” mache ich mit den Teilnehmenden eine kleine Übung. Ich frage sie, wo die Zukunft wäre, wenn man sie verkörpern würde. Und wie man sich zu ihr stellt. Dann stehen alle auf. Und zeigen nach vorne. Die Zukunft liegt also vor uns. Ziemlich weit weg. Und das ist ein Denkfehler.

Ich will danach wissen, warum sie sich so sicher sind und ob es nicht auch anders sein könnte. Warum sollte die Zukunft nicht oben links sein oder neben mir, in meiner Hand? Vielleicht auch hinter mir. Dort sehen sie jedenfalls die Aymara, ein Urvolk, das in Peru, Bolivien und Kolumbien lebt.

Wir machen uns Bilder, die Zukunft stereotypisch festschreiben

Wir machen uns Bilder von der Zukunft, die so selbstverständlich werden, dass wir sie nicht mehr hinterfragen. Dazu gehören auch mentale Modelle von Zeit, die als Zukunft vor uns und als Vergangenheit hinter uns gesehen wird.

Es ist wahrscheinlich, dass unsere Zukunft irgendwo im Universum schon da ist. Nur nicht hier und jetzt. Wie die Katze aus Schrödingers Gedankenexperiment, die tot und lebendig zugleich ist. Zum Thema Zeit verlinke ich euch ein Video der Physikerin Sabine Hossenfelder.

Zukunft entsteht in unserer Vorstellung. Und meist ist diese Vorstellung begrenzt

Zukunft verändert sich durch unseren Blick auf die Gegenwart. Es gibt also viele mögliche Zukünfte, die sich immer wieder an das anpassen, was wir gerade erleben. Die einen liegen näher, die anderen ferner.

Ich sehe ein Grundproblem, das Zukunft verhindert. Es ist die weit verbreitete Annahme, dass Zukunft vorherbestimmt sei. Sie steckt tief in unserer menschlischen DNA - und im Handeln unserer Akteure. Alle Religionen haben deterministische Elemente. Auch die Esoterik, etwa die Astrologie, hält deterministische Elemente bereit. Ja, ich bin eine Waage, ich kann das beste aus meinen Anlagen machen - aber nein, die Wahlfreiheit habe ich aus Sicht der Astrologie deshalb nicht.

Trotzdem lese ich ab und an Horoskope.

Deterministisches Denken bei Führungskräften

Da ich viele Jahre im Coaching mit Managern gearbeitet habe, weiß ich, dass deterministisches Denken in Führungsetagen sehr verbreitet ist. Oft findet es im Geheimen statt. Mann und Frau sprechen nicht darüber, dass sie an Vorherbestimmung glauben. Auch Schuld und Scham gehen oft mit deterministischen Gedanken einer. Dann glauben wir beispielsweise, dass man eine bestimmte Strafe verdient hätte. Oder ausbaden muss, was der Opa im Krieg verbockt hat,

Lageorientierung: Zukunft kommt, egal was ich tue

Vom deterministischen Blick auf die Welt ist es auch nicht so weit zum Fixed Mindset oder zur Lageorientierung. Letzteres ist eine Haltung, die negativ mit Handlungsorientierung und positiv mit Depression korreliert. Lageorientierte Menschen glauben nicht, dass sie die Dinge selbst in der Hand haben. “Das ist eben Schicksal, und ich kann eh nichts machen“, wird begleitet vom Gefühl, sich selbst und anderen ausgeliefert zu sein.

Die gegenteilige Aussage „Ich kann immer etwas tun“, beinhaltet sehr viel mehr Spielraum, Dynamik und Zukunftsblick.

Ob wir mehr oder weniger deterministisch auf die Welt blicken, wird ganz entscheidende Auswirkungen auf unsere Zukunft haben. Denn mit deterministischem Blick liegt die Zukunft nicht gestaltbar in unseren Händen.

Was wäre, wenn wir von folgenden Vorstellungen Abschied nähmen:

  • Zukunft ist schon fertig entworfen

  • Ich kann ohnehin nichts ändern

  • Auf Zukunft haben nur Mächtige Einfluss

  • Der Zug ist abgefahren

Die wichtigste Zukunftskompetenz liegt nicht darin, fantasievoll in die Zukunft zu schauen - es geht ja nicht um einen Film.

Die wichtigste Kompetenz liegt darin, die Gegenwart zu sehen. Dafür müssen wir den Vorhang lupfen, der das heute von morgen trennt. Denn die Zukunft liegt nicht nur vor eurer Haustür und in eurem Freundeskreis. Sie ist auch dort versteckt, wo ihr sie derzeit gar nicht wahrnehmt.

Die UNESCO hat sich das zur expliziten Aufgabe gemacht. Sie möchte durch weltweite Initiativen die Zukunft der Bildung und Wissenschaften gestalten. Das nennt sie Futures Literacy.

Das ist nicht einfach nur mit „Zukunftskompetenz“ zu übersetzen. Es ist die Fähigkeit, Zukünfte zu entwerfen und da

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s eigene Bild sowie auch das Bild der Gesellschaft als dynamisch zu betrachten. Dafür müssen wir lernen, Vorstellungen kommen und auch gehen zu lassen. Wir müssen den Gedanken an Gestaltbarkeit trainieren.

Dazu verwende ich, angeregt von Claus Otto Scharmer, einen eigenen Frame im Coaching:

  • DEHNEND ERKUNDEN: Die Denkbare Zukunft

  • TIEFER VERSTEHEN: Die wahrscheinliche Zukunft

  • KREATIV GESTALTEN: Was ist die Wünschenswerte Zukunft?

  • NEUDEUTEN & ENTDECKEN: Die sonst noch mögliche, ungedachte, nicht gesehene Zukunft

Das alles geht nicht über den Kopf, sondern über das Fühlen. Denn nur wenn ich fühle, wenn du fühlst, wie Zukunft sein kann, dann schaffe ich, dann schaffst du, dann schaffen war ein wirklich neues Bild - und reproduzieren nicht nur vorhandene.

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  • Ellinikon in Athen, hier

  • Der BP-Chef, weil ich es liebe, wenn Menschen pragmatisch und zugleich visionär handeln. Energy-Trilemma Podcast.

  • Maike Schäbitz hat das Thema in einem Ich-Wir-Alle Podcast mit Martin Ciesielski aufgegriffen und mit Embodiment verbunden.

Inspiriert hat mich diese Woche

  • Sabine Hossenfelder, hier “Does past still exist”

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Foto: Jamshed Ahmad
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