No. 120: Pinguine aller Länder vereinigt euch!
Aufgrund der aktuellen Ereignisse :-)
Schon erstaunlich, wie schnell Panik entsteht. Und wieder versuchen alle zu deuten, was Trump beabsichtigen oder gar planen mag. Scheißegal, verzeiht mir meine Worte.
Mich erinnert das Abarbeiten an der tragischen Figur Trump an eine dysfunktionale Familie. Hat der Vater heute wieder getrunken? Wird er die goldenen Löffel verscherbeln? Oder doch nur einfach (wieder) zuschlagen? Und wen wird es dieses Mal treffen? Eine unbewohnte Insel in der Antarktis? Ich sage nur: Pinguine aller Länder vereinigt euch! Wer´s nicht mitbekommen hat: Es sind die neuen Symboltiere für Widerstand gegen die Macht, die gerade zur Gewalt wird.
“Macht und Gewalt sind Gegensätze: wo die eine absolut herrscht, ist die andere nicht vorhanden.” Hannah Arendt
Wir müssen etwas tun, unsere Macht nutzen. Denn Trump ist mehr als nur ein missbräuchlicher Vater oder nützlicher Idiot einiger Project-25-Strippenzieher, die am Ende über die eigenen Strippen straucheln. Das Project 25 der US-amerikanischen Denkfabrik „Heritage Foundation“ zielt darauf den Staat in 190 Tagen aus dem Griff der Linken zu befreien. Die 190 Seiten könnt ihr im Internet nachlesen.
Trump muss weder denken noch planen (und fühlen kann er eh nur sich): Als Träger von Macht geht es für ihn nur ums Umsetzen. Und da ist maximale Empathielosigkeit, wie sie mit zunehmender Macht eimhergeht, von Vorteil, ebenso wie bedingungslose Loyalität.
Das ist die Macht, die in Gewalt umzuschlagen droht: Sie dehnt sich zunächst über die Netzwerke der Mächtigen aus, bevor sie dann die Gewaltungteilung unterwirft, siehe Erdogan. Deshalb hat der Psychologe Carsten Schermuly sich in seinem sehr empfehlenswerten Werk „Psychologie der Macht“ (Haufe, 2025) von der Gewalt und Politik ferngehalten.
Aber das Buch kann uns helfen, Macht im positiven Sinn und im Grenzgebiet zur Gewalt zu verstehen. Und auch wenn Schermuly als Wissenschaftler nur belegen und nicht deuten kann, ich als Autorin bin so frei:
Betrachten wie die Bastionen von Macht, liegt die Gewalt sehr nah der ersten:
Bestrafungsmacht
Belohnungsmacht
Expertenmacht
Legale und legitimierte Macht (erstere basiert auf dem Recht, letztere auf Werten)
Charismatische Macht
Einige dieser Bastionen wurden von KI eingenommen – und sind deshalb in gewisser Weise freigeworden. Die Expertenmacht sei auf dem Rückzug, schreibt Schermuly. Wissen ist eben keine Macht mehr, seitdem Chatbots das Wissen der Menschheit nachplappern und reproduzieren. Fakten sind damit völlig egal geworden, wenn sie nicht jemanden nutzen. „Sie essen ihre Haustiere“ – wie viel mehr an Aufmerksamkeit liegt für potenzielle Gewalttäter im Postfaktischen.
Kinder, die Angst vor Überpapa haben, fahren Schutzmechanismen auf. Sie bewahren die eigene Psyche vor dem Supergau.
All diese Schutzmechanismen lassen sich einem der Angst-Modi Fight, Flight und Freeze zuordnen. Der präfrontale Cortex ordnet die Reaktionen des Stammhirns dann typ- und situationsgerecht.
Wir ahnen die Gewalt: „Ich kann da gar nicht hinsehen“, sagten mir letzte Woche Freunde angesichts des Börsengemetzels, das die Rententräume der Angestellten und Selbstständigen vernichtet, auch in den USA. Angesichts diesen Tuns fallen viele Kleinanleger in Schockstarre oder gehen in die Massenflucht.
Die Stunde der Gegenmächte
Um im Familienbild zu bleiben: Die Mächtigen aus verfeindeten Großfamilien dagegen, fahren ihr Geschütz auf. Es scheint die Stunde des Xi Jinping zu schlagen, wenn er dem Nero des ehemaligen Westen nun seltene Erden vorenthält.
Macht ist immer auch ein System aus Verflechtungen, Insignien, Privilegien – und vor allem: Netzwerken. Sie konzentriert sich immer weiter, je weniger alternative Machtzentren es gibt, und dann wird sie eben zur Gewalt. Sie verteilt sich, wenn es viele Machtzentren geht. Wenn sich viele neue Machtzentren bilden, kann das das Umschlagen von Macht in Gewalt verhindern.
Neue Machtzentren zeigen sich: Gegenmächte blitzen auf, wenn Kalifornien nicht mitmachen möchte, Obama Studenten zum Protest aufruft. Immerhin ein Tausenderhäufchen formiert sich dieses Wochenende in Washington zum Trump-Protest.
Macht erkennt sich selbst im anderen. Svenja Hofert
Macht ist anders als Gewalt nur deshalb da, weil andere sie sehen. Zur Gewalt wird sie, wenn andere sie fürchten, weil ist institutionalisiert ist. Das verrät uns das Märchen „Das Kaisers neue Kleider“. Der Kaiser ist nackt, weil die anderen ihn nackt sehen. Da nutzt auch das eingebildete Kleid nicht.
Manche Menschen können andere sehen lassen, was noch nicht da ist. Sie haben das Charisma, die Fähigkeit, die Energie der anderen in Vorwärtskraft zu wandeln.
Ein Blick in Schermulys “Psychologie der Macht” sagt dieses:
Die Charismatikerin handelt als Akteurin eines radikalen Wandels und strebt danach, den Status Quo zu verändern.
Sie, so analysiert Schermuly, zeigt immer auch unkonventionelles Verhalten. Es ist also mehr als nur ein reiner Laberpapa. Eine andere Nachricht aus seinem Buch hallt mir noch nach: Sie ist immer öfter auch verträglich, kollegial, teambezogen. Das zeigen jüngere Studien, wenn sich dieser Unterschied auch erst als zartes, statistisches Pflänzchen im entsprechenden Big-Five-Merkmal zeigt. Vielleicht ist all das auch nur ein letztes Aufbäumen, bevor die nächste Generation übernimmt? Die netter, gescheiter, bezogener ist.
Das gesündeste Mitglied einer Familie ist oft jenes, dass das Symptom der Dysfunktionalität aus Sicht der anderen trägt. Die Person, die auffällig anders ist, ist die, die das Familiensystem transformieren kann. Das kreative Kind im Bürokratenhaushalt zum Beispiel. Und so steckt die stärkste Transformationskraft immer fraglos in den eigenen Reihen.
Lasst uns nach ihr suchen. Wo sind die Pinguine?
Eure Svenja Hofert
Buchtipps
Carsten Schermuly (2025): Die Psychologie der Macht. Haufe-Verlag
Niklas Luhmann (2012, 3. Auflage)): Macht. Suhrkamp
Svenja Hofert (2025): Veränderungen wirksam begleiten. 55 Denkimpulse. Springer-Verlag
Termine 2025
Am 19.6. startet meine 4. Masterclass. Informationen hier.
9.-12.7.25 starten wir mit “New Organizing” für alle, die Veränderungen in chaotischen Zeiten begleiten, hier
3.9.-5.9.25 gibt es Nextlevel Persönlichkeits- und Ich-Entwicklung mit mir in Kattendorf. hier.
Einführung in die Organisationsgestaltung “Organisationsentwicklung kompakt” findet Ende Mai ausnahmsweise mit mir statt (sonst Carmen). Auch als Einstieg in unsere kompakte psychodynamisch-systemische Organisationsentwicklungs-Ausbildung hier
Psychologie der Veränderung findet wieder vom 17.-19.9.25 statt. hier
Unsere Ausbildung TeamworksPLUS startet zwei Mal im Jahr. Hier bin ich mit Thorsten Visbal Ausbildungsleitung. Infos
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