Lernt zu lernen!
Newsletter 31: Die unverschleierte Sophia, Token-Entscheidungen und unsere erstarrte Arbeitswelt
Newsletter 31: Die unverschleierte Sophia, Token-Entscheidungen und unsere erstarrte Arbeitswelt
Sophia ist eine Roboterin. Sie hat seit 2017 die Staatsbürgerschaft von Saudi-Arabien. Anders als die saudi-arabischen Frauen muss sie sich aber nicht verschleiern. Sophia ist real. Sophia wurde von Hansons Robotics entwickelt, die 2007 in Dallas gegründet wurden. Es gibt Roboter-Förster und Token-Entscheidungen in so genannten DAOs. DAOs sind dezentalisierte automatisierte Unternehmen, die vollkommen ohne Management auskommen. Es gibt sie: Kleine und große Weltveränderungen überall.
Genauso real ist die alte Welt, repräsentiert durch das ratternde Faxgerät in der Behörde nebenan. Real sind auch die Menschen, die sich an ihren Wissensstand von 2001 klammern, oder noch früher. Die Fortschritt ausblenden. Die über andere Menschen aufgrund ihres Studiums von 1980 urteilen – dessen Wissenskerne schon längst erodiert sind.
Und nicht sehen, dass die Generation Z, jene nach 1995 geborenen, nicht nur einen gänzlich anderen Umgang mit Technologie haben. Sie lernen auch anders. Studien legen nahe: Sie mögen kollaboratives Lernen. Sie lieben gemeinsame Erkenntnisse. Sie erwarten nicht, dass Lehrer, Trainer, Beraterin Wissen über sie ausschütten. Sie verlagern die Verantwortlichkeit für Lernen nicht auf andere. Sie haben erkannt, dass es nicht das ominöse „Neue“ ist, das voran bringt. Sondern das, was in Kopf, Hand und Herz ankommt.
Es ist die Offenheit für neue Erfahrungen – nicht das Alter
Und ehe ich die Älteren unter meinen Lesern vergälle Es gibt diese Menschen auch in meiner Generation.
Und dennoch gilt: Diejenigen, die das Nadelöhr neuer Möglichkeiten verstopfen, das sind oft die, die älter sind und sich eingerichtet haben.
Nach einigen Wochen mit unterschiedlichen Gruppen, zuletzt unserer wunderbaren neuen Ausbildungsgruppe 14 an diesem Wochenende, ist mir das nochmal bewusst geworden. Diese Menschen, die zu uns kommen, arbeiten in diesen Strukturen. Sie wollen es anders machen, sind dazu sogar beauftragt. Aber was sie behindert sind nicht die Menschen.
Es sind Strukturen. Deshalb greifen Teamworkshops oft viel zu kurz. Was die Zusammenarbeit erschwert ist das Gewachsene, das sich verfestigt hat. Auch die alten Denkstrukturen. Die werden durch die Art des Organisierens geprägt, aber auch durch Menschen. Es ist diese Wechselwirkung, die zu Missverständnissen führt. Die einen denken, man müsse Strukturen ändern. Die anderen sagen, es geht um Menschen. Beides stimmt.
Form follows function?
Schon lange folgt die Form des Organisierens nur noch einer Funktion: sich selbst aufrechtzuerhalten. Dass es so bleibt wie es ist, liegt daran, dass man das bisherige Personal nicht einfach mal austauschen kann. Man betraut es vielmehr mit der Suche neuen Lösungen, die diese aber nicht finden können. Denn wer würde seine eigene Funktion abschaffen wollen außer ein paar Verrückte? Und dann geht es auch nicht allein, sondern nur im Schulterschluss.
Der Antrieb für Veränderung ist, dass Menschen mit dem Istzustand unzufrieden sind. Dann entstehen kräftige Bewegungen. Was aber wenn es diese Unzufriedenheit nicht gibt? Wer gelernt hat zu lernen, ist unzufrieden, wenn er oder sie stecken bleibt. Wer nicht gelernt hat zu lernen, spürt die innere Lern-Leere nicht. Das Augenmerk liegt auf anderem.
Zufriedenheit ist schnell und leicht erreicht:
Nette Kollegen, ein tolles Betriebsklima, gutes Gehalt. Jahre und Jahrzehnte, in denen Lernen sich auf die neueste Excelversion beschränkte. In denen grundlegende Grundannahmen über das Lernen nicht mal angetastet wurden.
Die Roboterin Sophie ist da. Wir sind in einer Hochbeschleunigungsphase. Da kann man sich nicht mehr leisten, was derzeit die Unternehmen dominiert und Veränderung verhindert:
Zufriedene, die nicht gelernt haben, dass sie nicht für Zertifikate lernen
Unzufriedene, die gelernt haben, dass Zertifikate mehr Wert sind, als dass was sie lernen
Neugierige, die ihre Neugier aufs Privatleben verlagert haben
Verzweifelte, die gelernt haben, dass sie viel mehr sehen und erkennen als ihr Chef
Irritierte, die sehen, wie sich die Welt verändert und mit der Erstarrung in ihrer Organisation nicht übereinbringen können
Erstarrte, die in alten Branchen und “Blasen” gefangen nicht erkennen können, dass es das Neue überhaupt gibt.
Strukturell läuft das auf dasselbe hinaus: Bewahrung.
Unsere neue virtuelle Assistentin lebt auf dem Land in Süddeutschland. Die Arbeitgeber dort sind traditionell, bieten kein Homeoffice. Die Pandemie haben sie vor allem hinter sich gebracht, um zurück zum Alten zu kommen. Darauf hat die junge Frau keine Lust. Sie will lernen, auch was sie selbst sonst noch kann.
Immer öfter denke ich: Unternehmen haben verdammt noch mal keinen Anspruch auf Überleben. Es ist in Ordnung, wenn einige zugrunde gehen, weil sie nicht kapieren, dass Innovation nicht nur in der Produktentwicklung stattfindet. Es tut mir leid um all die engagierten Menschen, viele in meiner Generation. Und doch weiß ich, dass die die Zukunft prägen können, da sind. Und gehen werden, wenn man sie nicht wirken lässt. Viele, die immer schon neugierig waren und die jetzt merken: das ist meine Zeit.
Status und Ego
Noch denken wenige so. Kaum jemand aus der Branche konnte nachvollziehen, warum Topmanager Alain vom großen Autobauer zum Dienstleistungs-Startup Lynk ging. Und das mit über 50. Die statusverliebte Branche wird immer noch dominiert von traditionsbewussten Automanagern. So wie auch in anderen Organisationen sich Personal festgesetzt hat, das gelernt hat, vor allem nach Status zu sortieren. Zu Alain gibt es im Kasten einen Linktipp.
Es ist unmöglich, Neues mit dem Denken von gestern zu erschaffen.
Oft lachen die Leute, wenn ich ihnen erkläre, dass wir Menschen keine Festplatte haben, die man mit Format c: in den Ursprungszustand zurückversetzen und dann neu bespielen kann. Auch lassen sich vergangene Erfahrungen nicht selektiv löschen. Wir sind unsere Vergangenheit. Deshalb werden die meisten Alten nicht die neue Welt erfinden.
„Aber das Erfahrungswissen ist so wichtig“, höre ich oft. Oder: „Wir müssen die alte Generation wertschätzen. Sie hat das alles aufgebaut.“ Die Konsequenz ist dann oft, dieselben Führungskräfte mit Innovation und Erneuerung zu betrauen, die die Gegenwart erschaffen haben. Nein, gebt das Ruder ab!
„Wir alten weißen Männer haben unsere Ausbildung gemacht und unsere Laufbahn begonnen vor dreißig Jahren oder mehr, und damals war das für niemanden einfacher als für uns.“ Till Räther, 2018 in der SZ
Die Vorstellungskraft von Zukunft ist immer durch das eigene Erleben bedingt und begrenzt. George Orwell hatte eine großartige Vorstellungskraft als er 1946 „1984“ erschuf. Aber mit welcher Zukunft wir in die nächste Runde gehen, wird wohl eher ein Zeitgenosse ersinnen. Einer, der die Sophias dieser Welt kennt. Der weiß, dass es Tokens gibt.
Vorstellungskraft ist auch durch die vergangene Erfahrung geprägt. Deshalb ist sie immer relativ zu der Erfahrung, die wir gemacht haben.
Lasst uns Erfahrung machen.
Inspiriert hat mich diese Woche
Der unverschleierte Roboter Sophia - und die Frage: was ist humanoid?
Der Podcast mit Alain Visser in Manager Magazin von Team A, hier
Ganz viele tolle Menschen aus großartigen Unternehmen und diese großartigen 8 Frauen, die trotz und wegen der “Krise” in unsere Ausbildungsgruppe 14 gestartet sind.
Die Netflix-Serie “1899” - einfach fesselnd, was sich die Macher von “Dark” da so ausgedacht haben.
Das, was derzeit in China passiert. Es lässt mich hoffen, dass Freiheit am Ende stärker ist als Zwang.
Offene Termine
Morgen 30.11: Ich bin bei der dvct-Regionalgruppe und unterhalte mich mit den Leuten dort. Man könnte es Vortrag nennen ;-) Infos hier.
Diese Woche! Noch anmelden? Am 1.12. halte ich auf dem internationalen Management-3.0 -Kongress eine Keynote (Hybrid): “Connecting Dots”. Hier könnt ihr euch anmelden. Und der Kongress hat Rabatt-Codes für meine Community erstellt! Nutzt SVENJAFORWARD für Berlin ticket für 295 EUR statt 795 sowie SVENJAVIRTUAL für 30% discount on virtual ticket.
Am 7.12. bin ich mit dem Thema “Psychologie der Veränderung” auf dem Online-Kongress “Tools 4 you”. Hier könnt ihr euch anmelden.
Fortgeschrittene: Meldet euch jetzt schon für meine Summer School Organisationsentwicklung und die Masterclass Nextlevelcoaching im Herbst an,
Alle Teamworks-Termine.
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Nächste TeamworksPLUS-Gruppe startet am 30.3.23. Alle Geschlechter sind willkommen :-)
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