Newsletter No. 34: Echte Motivation, mentale Kontraste und WOOP
„Sieh her, ich habe es auch geschafft!“
„Du musst es nur wollen!“
„Jeder, der will, kann es schaffen!“
Auf Instagram und Youtube feiern sie sich. Sie stehen auf der Bühne und reißen ganze Hallen mit. Per Zoom versprechen sie die Lösung für Unlösbares.
Das Smartness-Versprechen: Mit Zielen geht alles
Die, die ich meine haben eine smarte Art. Die, die ich meine lieben Fokus, Ziele, die Smart-Formel. Mach es am besten spezifisch, messbar, aktiv und timeboxed, wollen sie einem einreden. Und berufen sich, wenn überhaupt auf irgendetwas außer sich selbst, auf die Zielsetzungstheorie von Edwin Locke und Gary Latham. Die, die ich meine sind: Motivationscoaches, Trainer-Gurus, viel Sterne-Redner.
Aus der Zielsetzungstheorie legitimierte sich das immer noch beliebte Management-by-Objectives. Das führte zu massenhaften Zielvereinbarungen und Jahresgesprächen. Und wurde wenn nicht gleich ganz missverstanden, auf den simplen Aspekt der “klaren Ziele” reduziert. Etwas wurde dabei übersehen.
Du kannst andere Menschen nicht motivieren. Dafür sind sie schon selbst verantwortlich.
Du kannst den Rahmen schaffen, in dem Motivation möglich wird. Aber arbeite dich nie an anderen ab, die nicht wollen. Teils weil sie nicht können.
Das Wollen verlangt etwas, das durch Motivationsrufe nicht aktiviert wird: Selbstregulation. Psychologisch gesehen ist das die Fähigkeit, Aufmerksamkeit, Emotionen, Impulse und Handlungen zu steuern. Motivation kann also nur in mir entstehen. Es braucht Voraussetzungen im inneren Ökosystem.
Es kann von einer Umwelt profitieren, die wohlwollend aufnimmt, muss aber nicht. Anerkennung ist wichtig. Wenn wir unseren Ball erstmals nach mühevoller Anstrengung ans Land gebracht haben wie der kleine Hund auf dem Foto, freuen sich die meisten über Lob. Aber auch nicht alle. Das psychische System ist ein komplexer Urwald.
Wir sind Muster, die sich durch Wiederholung festigen
Wir sind die Muster, die wir wiederholen, die emotionalen Muster, die Handlungsmuster, die Beziehungsmuster.
Wer seinen Musterteppich verändern will, muss dieses Prinzip erst mal verstehen. Andernfalls gibt es die üblichen Reaktionen. Weglaufen, bekämpfen oder erstarren. Letzteres aktiviert den Psychokreislauf der Schuld:
„Ich bin eben nicht gut genug“.
„Ich schaffe das nie (wie die anderen).“
„Wenn ich das wieder nicht schaffe, wundere ich mich nicht (kenne ich ja schon).“
Wer sich wirklich verändern will, muss bei der eigenen Wahrnehmung anfangen. Und dort den Kontrast zwischen Wollen und Nicht-Wollen spüren. Und Nicht-Wollen ist oft in Versagensängsten eingerollt.
Wollen und Nicht-Wollen gehen Tanzen
Einher gehen mit jeder Musteränderung negative und positive Gefühle. Da ist die Angst, und da sind Freude und Interesse. Und da sind, gerade bei denen, die nach Motivation durch andere suchen: Scham- und Schuldgefühle, meist hartnäckige Überbleibsel aus der Kindheit.
Das hat Einfluss auf die eigene Zielplanung. Und beinhaltet einen einfachen, aber wirkungsvollen Trick: Wir müssen von Vorneherein mit Hürden rechnen. Wir müssen die Probleme mitdenken. Es geht darum, sich auszumalen, wie man damit umgeht. Es geht nicht nur um Ziele.
Probleme mitdenken: Hürden kreativ umschiffen
Solches mentales Kontrastieren ist wirksamer als „SMART“. Es berücksichtigt die innere Mehrdeutigkeit. Es gibt uns die Erlaubnis, unlogisch zu sein. Denn wenn es um Musterveränderung geht, spielen Kopf und Bauch nun mal verrückt.
Aufmerksame Außenstehende erkennen das Nicht-Wollen an den Ausreden, in denen sie eingepackt sind:
„Einfach keine Zeit.“
„Noch zu früh für uns.“
„Schon wieder was dazwischen gekommen.“
„Ich will das ja, aber der Alltag, ihr wisst schon“
Diesen Mechanismus nennt der amerikanische Psychologe Robert Kegan "Immunity to change". In einer solchen Veränderungsresistenz beschäftigt man sich mit allem, nur nicht mit der gewünschten Veränderung.
Dahinter stecken versteckte Grundannahmen, meist ist es die Angst vor dem Scheitern. Nicht selten geht es auch um Verlust: Wer weniger arbeitet, bekommt weniger Anerkennung - nicht nur mehr Freizeit.
Veränderung ist kein Selbstläufer.
Sie beginnt oft mit einem inneren Patt. Und deshalb greift die immer noch so beliebte SMART-Formel kaum, wenn es darum geht, neue Muster zu lernen. Sie ist zur Klärung und Konkretisierung tauglich, nicht aber zum Erlernen neuer Muster. Denn diese brauchen immer die Auflösung von etwas Altem. Sonst wäre es einfach nur ein Tauschen oder mehr vom Gleichen. Das ist aber nicht Veränderung.
Es helfen mentale Modelle, die auf dem Wissen um den mentalen Kontrast aufsetzen. Eines ist die WOOP-Methode. Sie besteht aus vier Schritten. Anders als bei SMART sollst du dir nicht nur das Ziel, sondern auch die Hindernisse konkret vorstellen. Es geht also um ein bewusstes mentales Kontrastieren, ein Aufdecken des Widerspruchs.
WOOPen geht in vier Schritten:
W = Wish (Wunsch). Das will ich verändern.
O = Outcome (Ergebnis). Das soll dabei herauskommen. Stell es dir konkret vor.
O = Obstacle (Hindernis). Dieses ist das Hindernis. Imaginiere es.
P = Plan (Plan). Das ist mein Plan, das will ich konkret tun.
Danach entwickelst du eine kontextorientierte Wenn-dann-Formel:
Immer wenn es 18 Uhr ist, schließe ich das Handy in den Handy-Käfig ein.
Wenn ich meine Motivation verliere, setze ich mich hin und schreibe mir auf, was schon gelungen ist.
Beim WOOPen geht es um kleine Schritte und laufende Anpassung. Es geht auch um kreative Ideen, wie die Veränderung eingebettet werden kann.
Probiere es mal aus. Vorschlag für ein WOOP: Zum Jahreswechsel einfach mal keine Ziele rausposaunen. Mach das am 15. Januar, schreib es auf und schicke es an dein FutureMe, damit es ein Jahr später ankommt. Dafür gibt es auch schon die passenden Dienst: FutureMe.
Lass dich von dir selbst überraschen :-)
ZeuZ / photocase.de
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Artikel als Podcast:
Inspiriert hat mich diese Woche
Weniger inspiriert als irgendwie beruhigt: Die Reaktion von Google auf den ChatGPT. Die sagten, dass sie zwar mit einer solchen Entwicklung mithalten könnten, aber nicht nachziehen. Der Grund: Sie könnten es sich nicht leisten einen Chat zu veröffentlichen, der Fake News produziert. Das tut er nämlich, er unterscheidet nicht zwischen Wahrheit und Fake. Das aber ist die größte Herausforderung überhaupt, weniger die Fähigkeit Texte zusammenzuschustern.
Den besten Artikel zu GPT habe ich in der NZZ gelesen, hier.
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Da Psychologie der Veränderung im Februar mal wieder ausgebucht ist, habe ich einen Ersatztermin für April eingestellt
Fortgeschrittene: Meldet euch jetzt schon für meine Summer School Organisationsentwicklung und die Masterclass Nextlevelcoaching im Herbst an,
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Nächste TeamworksPLUS-Gruppe startet am 30.3.23. Alle Geschlechter sind willkommen :-)
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