“Unser Management will, dass sich die Kultur ändert. Aber was schlage ich denn nun vor?”
Oft merke ich an dieser Stelle einen fatalen Lösungsdruck. Trotz Peter Druckers allgegenwärtigem Zitat “Culture eats strategy for breakfast”, suchen Menschen nach Lösungen oder gar einem Werkzeugkoffer.
Doch die Wahrheit ist: Wir können beim Versuch, eine Unternehmenskultur zu verändern, nur experimentell und iterativ vorgehen. Denn: Kultur ist in der DNA einer Unternehmung angelegt: Sie wird und wächst durch das, was ihre Gründer in ihr angelegt haben und sie dann tut.
Probleme entstehen, wenn sich Gründer zurückziehen, Märkte ändern, ein Unternehmen wächst und die erworbene Kultur sich als - mindestens stellenweise -hinderlich erweist. Und durch ein Missverständnis: Wir denken Technologie treibt Kultur. Die Wahrheit ist: Sie kann diese sogar verfestigen.
Wer inmitten (s)einer Kultur steckt, kann diese zudem selbst nicht gut erkennen. Das merke ich immer wieder bei “agilen” Unternehmen, wenn mir deren Entscheidungsprozesse oder die Meetings beschrieben werden.
Das ist dann auch schon der erste Tipp: Schau dahin, wo entschieden (also von zwei Alternativen eine verworfen) wird und wo man sich bespricht. 90% der Zeit in Meetings - aber ihr müsst eigentlich schnell auf den Markt reagieren? Das klingt doch schon mal interessant. Ist es auch funktional für den Unternehmenszweck?
In meinem Podcast-Solo gebe ich dir einen Überblick über das Thema und Impulse, z.B. wie du Kultur mit den Augen eines Außerirdischen erkennst.
Wenn du lieber einen schnellen Überblick hast, hier meine besten 7 Tipps:
Kulturveränderung ist KEIN Selbstzweck: Frage dich immer, auf was die Veränderung überhaupt referenzieren soll. Was ist das Wozu? Fehlen notwendige Kompetenzen, braucht ihr also talentierte Leute, die sich nicht von konservativen Führungskräften ausbremsen lassen? Oder müsst ihr innovativer sein, kommt aber aus einer Effizienz-Kultur, in der kreative Ideen bestenfalls “nice to have” waren?
Der Zweck bestimmt die Kultur: Wenn ein Unternehmen wie Tesla nicht innovativ wäre… Ja, aber hier sieht man schon “times are changing”. Und so kann es sein, dass neue Themen zu einer Verschiebung führen. Nebenbei ist es ein typischer Effekt: Wenn Leute lange bleiben, werden sie älter und oft auch… gemächlicher. Nicht immer, aber du weißt, was ich meine. Deshalb kann sich Kultur vom Zweck entfremden.
Über Kultur entscheidet niemand: Sie ist einfach da, hat sich entwickelt. Das kann regional beeinflusst sein, durch einen bestimmten Typ Mensch bedingt sein (Sicherheitssuchende sind keine Freiheitsfreaks) oder in der Gründungsfamilie angelegt. Und dass, was mal war, setzt sich hartnäckig immer wieder durch. Auch gegen agile Methoden und Modelle. Denn: Die unbewusst geteilten mentalen Modelle zur Kultur verfrühstücken diese.
Kulturwandel braucht Strategie und Struktur: Das nennt sich das “magische Dreieck”. Heißt: Diese drei Elemente müssen wir immer zusammendenken. Deshalb ist eine Strategie auf dem Papier wenig wert: Kommt sie nicht ins Leben, versandet sie. Und da reicht es nicht #gerneperdu unter eine E-Mail zu schreiben. Die viel wichtigere Frage liegt darin, was dahinter steht: Oft nur der fromme Wunsch, eine Startupkultur zu leben.
Subkulturen zulassen: Viele möchten. Kultur vereinheitlichen. Aber es ist absolut legitim und notwendig, dass in einem Unternehmen verschiedene Kulturen nebeneinander bestehen können. Da mögenn ein paar schräge Vögel mal ein paar Sachen anders machen, während andere noch verhalten auf Anweisgungen von oben warten…
Kultur kreativ denken: Was die Kultur verändert? Darüber kannst du nur Hypothesen haben. Führungskräfte haben Stellschrauben. Sie können durch ihre Strategie zur Weiterbildung ihrer Mitarbeiter auch die Bereichs- oder Abteilungskultur beeinflussen. Wenn statt “Präsentation und Rhetorik” die Themen “Gut zuhören und Reflexion” angesagt und angesetzt sind, entfaltet das vermutlich Wirkung. Finden die Trainings dann auch noch außerhalb der kulturerhaltenden internen Akademie in “freier Wildbahn” kann das eine Bewusstseinsveränderung einleiten. Denn während die früheren Themen auf Selbstdarstellung und “Ich” einzahlten, sind die neuen klar am “Wir” ausgerichtet. Ob diese Hypothese aber stimmt? Das wissen wir nur, wenn wir immer wieder darüber reflektieren, was die “Effkte der Effekte” sind (so heißt auch ein mentales Modell in meinem Buch “Mach dich frei”)
Neues muss wachsen können : Womit wir beim vorerst letzten Punkt wären. Wir be-werten durch die Brille der Kultur. Was jemand macht oder nicht macht, wird gleich eingeordnet. Dabei können sich erhebliche Gaps zeigen. Das neue “freie Element” - ein talentierter Mitarbeiter .- wurde eingestellt, weil er so schön subversiv, eigenwillig und gnadenlos analytisch ist? Tja, wenn diese Art aber laufend stört? Dann kann auch das Talent leider nich anwachsen.
Ein Statement noch: Es gibt Anbieter, die versprechen geplanten Kulturwandel. Wenn du dir dieses Versprechen genauer anschaust, so liegt in ihm selbst ein Kulturversprechen. Es entspricht der Art und Weise, wie Unternehmen neue Lösungen finden und implementieren: Sie brauchen etwas Zertifiziertes, Klares, Eindeutiges.
Am Sonntag spreche ich übrigens mit Conny Derthloff über organisationale Veränderung. Das hat dann irgendwie auch mit dem magischen Dreieck zu tun. Sie gespannt!
Weiter lesen
2018 habe ich mit Claudia Thonet “Der agile Kulturwandel” bei Springer veröffentlicht. Mittlerweile könnte ich zahlreiche Erkenntnisse hinzufügen, aber es sind immer noch gute Ideen drin.
Mach dich frei: 100 mentale Modelle (Campus 2023). Hier geht es auch um Modelle, die eng mit der Kultur verzahnt sind und deshalb unser Handeln prägen.
Mich kennenlernen
Du suchst eine inspirierende Impulsgeberin und Keynote-Sprecherin, jemand mit Humor und Tiefgang? Weitere Angebote und Coaching? Meine Website
Du möchtest einen Video- oder Online-Livekurs bei mir machen? Bei Elopage. 10%-Gutschein für meine Weiterdenker: Einfach Weiterdenken2025 eingeben.
Du möchtest mich live erleben? Alle Teamworks-Termine.
Diesen Post teilen