Ich hatte bei Linkedin einen Gedanken zum Tag der Arbeit geteilt:
Ich will mich nicht mehr unterwerfen.
Gemeint ist: Ich will mich nicht mehr der Social-Media-Logik unterwerfen. Diese “zwingt” mich dazu, gefällige und weichgespülte Texte zu schreiben. Nach diesem Linkedin-Post, indem ich meine Gedanken über einen Abschied formulierte, haben sich hier bei Substack rund 50 Leute hier angemeldet. Danke!
Erst durch eure Resonanz habe ich gemerkt, dass ich offenbar gleichzeitig mit Anderen über Ähnliches nachdenke. Und was es ist, konnte ich erst dadurch in Worte fassen: “The death of the Follower”. Den genialen Vortrag von Patreon-Gründer und Kreativenretter Jack Conte teile ich zum Abschluss dieser Kolumne.
Worum es geht:
ChatGPT verwandelt meine Texte in "People Pleaser". Ich schimpfe dann mit der KI: "So ein weichgespülter Mist! Bitte lasse meinen Stil, nur die Rechtschreibfehler raus und Emoticons rein."
Die KI killt meine berühmten Rechtschreibfehler, Freudsche Verschreiber, die sich im Eifer des Denkschreibens immer mal wieder eingeschlichen haben. Manche fanden die Fehler sympathisch an mir, andere waren fast ein wenig beschämt und schickten mir Verbesserungslisten. Wieder andere habe ich durch meinen unbekümmerten Umgang auch irgendwie ermutigt.
Ich hatte nie den Anspruch perfekt zu sein, wollte ich kein Vorbild in Sachen Fehlerlosigkeit sein. Eher andersrum: Trau dich, schleich nicht ewig um die Dinge rum, bis sie “reif “ sind, mach vorher, probiere aus!
Aber diese, ermutigenden, menschlichen Fehler verschwinden jetzt. Hier bei Substack übrigens nicht: Ich verzichte auf KI, lasse mir nur einige Bilder von ChatGPT zaubern, viellleicht auch das nicht mehr lange. Man sieht sich so verdammt schnell satt. Und dann wirkt es nicht mehr.
Soziale Medien wie LinkedIn belohnen People Pleasing. Der Algorithmus frisst "Content" wie ein Text-Monster. Dieses unersättliche Monster hat schon das ganze Internet leergeräumt. Und es bevorzugt dabei Texte, die keine Verdauungsschwierigkeiten machen. KI wird weiter darauf einzahlen, Gefälligkeit zu produzieren.
Blubb. Ich sehe das Ende kommen - und einen zarten Anfang.
Text wird somit zur Ramschware. Der Algorithmus entscheidet, wen er hochkommen lässt - und wen er sofort nach dem Posten schon eindämmt. Über die Qualität sagt das nichts. Und auch nicht darüber, ob DU das lesen willst.
Ich sehe eine immer kleiner werdende Auswahl in meinem Linkedin-Feed. Nicht mal mehr mein Kollege Thorsten wird mir angezeigt, obwohl ich seine Posts immer lesen würde. Bestimmte Leute sehe ich gar nicht mehr, wenn ich nicht aktiv danach suche - wie auch vermutlich diese mich nicht mehr sehen. Bubble, blubbblubb.
Das wird nicht mehr lange gutgehen. Denn es bewegen sich immer die gleichen Gesichter in diesen meinen und euren Bubbles. Sie bewegen sich aber auch nur, weil sie etwas Marketingeffekt mitnehmen wollen. Sich anhängen wollen, an die Alpha-Algorithmus-Stimmen. “Poste einen Kommentar dort, wo es dir nutzt”, sagt dir jeder mittelklassige Linkedin-Berater.
Das ist, sorry, eine Art von Prostitution. Und ja, auch ich habe es schon getan. Und will nicht mehr.
Wer gerade nichts mitnehmen will, sich nicht anhängt, das sogar alles ätzend findet, ist einfach nicht da. Findet nicht statt. Existiert nicht. Ist selbstständig auf “Empfehlungen” angewiesen und kriegt, falls in exponierter Position, einen Linkedin-Marketingkurs angediehen.
Was da passiert ist Psychologie pur. Wir kommen an kognitive, emotionale, soziale Grenzen. Wir können uns eben nicht auf viele Dinge gleichzeitig konzentrieren. Und so wird der Fokus auf immer weniger fokussiert.
Ein Fokus mit Suchtpotenzial. Warum schaue ich mir bei Instagram nachts Maine-Coon-Katzen an, die auf einem Boot in Maine spazieren fahren - und kann nicht aufhören? Seitdem sehe ich nur noch Katzen, weil der Instagram-Algorhitmus meint, mir das zeigen zu wollen. So wie Youtube mich mit Werbung für Frauen über 55 erpresst.
Dann doch lieber auf Patreon "Rätsel des Unbewussten" auch finanziell unterstützen, einen wirklich guten Podcast. Das ist vielleicht ein neuer Anfang: Die Förderplattform. Aber dafür müssen wir das wirklich Gute auch erst mal entdecken können, von ihm erfahren.
Verabschiedet sich die Aufmerksamkeitsökonomie?
Immer öfter denke ich über Abschied von Linkedin nach, Facebook habe ich emotional schon verlassen, bei XING gekündigt und 20.000 Follower aufgegeben. Die gehören einem nicht, wie auch die Texte nicht. Die okkupieren die Plattformen - und werfen es dem KI-Monster vor.
Wann ist der richtige Zeitpunkt mit Social Media aufzuhören? Vielleicht, wenn man spürt, dass es zuende geht mit Social Media. Oder / und, wenn man das Spiel nicht mehr mitspielen will. "In diesem KI-generierten Artikel ist ihre Expertise gefragt" - solche Nachrichten bekomme ich immer öfter von Linkedin. Die Posts dazu sind hohl - und haben mit mir nichts zu tun. Linkedin möchte mich irgendwo verorten, wo ich mich nicht zuhause fühle. Und dann meine Texte fressen.
Hier bei Substack möchte ich eine unabhängige Community aufbauen. Anders als bei XING oder Linkedin kann die Abonnentenliste mitnehmen und woandershin gehen. Ick kann selbst entscheiden, ob KI meine Texte futtert (nein, will ich nicht).
Dieser Text erscheint untypisch an einem Freitagmorgen. Sonntag veröffentliche ich, so Florian die Produktion schafft, ein Interview mit Prof. Dr. Axel Koch. Da geht es um Veränderung und ihre Grenzen. Passt irgendwie.
DANKE, dass du mir hierhin gefolgt bist! Lasst uns beginnen, das Alte hinter uns zu lassen.
Deine Svenja
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Super liebe Svenja, Sie sprechen mir aus dem Herzen. Vielen Dank dafür.
Viele Grüße Lisa Zimmermann